Von der EU gefördert – von der Politik vergessen

Millioneninvestitionen ohne Verantwortung – Petition kritisiert ungeordneten Rückbau von Wasserstofftankstellen

Rheda-Wiedenbrück, 22.12.2025

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Bundesweit wurden im Jahr 2025 bereits 22 öffentlich zugängliche Wasserstofftankstellen geschlossen. Weitere 14 Standorte sollen zum 31. Dezember 2025 endgültig vom Netz gehen. Insgesamt betrifft dies 36 Stationen, die in den vergangenen Jahren mit erheblichen europäischen Fördermitteln errichtet wurden. Viele dieser Anlagen sind erst wenige Jahre in Betrieb.

Vor diesem Hintergrund hat der Rheda-Wiedenbrücker Bürger Frank Stuckstedte die Petition „Stoppt den Rückbau der Wasserstofftankstellen – Erhalt der H₂-Infrastruktur in Deutschland“ gestartet. Die Petition propagiert nicht eine bestimmte Antriebstechnologie, sondern richtet sich gegen den ungeordneten Rückbau öffentlich geförderter Infrastruktur ohne tragfähige Übergangslösungen, Transparenz oder politische Verantwortung.

Kommunale Projekte verlieren ihre Grundlage

Besonders betroffen sind kommunale Anwender – etwa in der Abfallwirtschaft, bei Feuerwehren oder in kommunalen Fahrzeugflotten. Diese Fahrzeuge wurden im Vertrauen auf die bestehende Infrastruktur beschafft und sind technisch voll einsatzfähig. Durch die Schließung der Tankstellen verlieren sie jedoch ihre operative Grundlage.

Damit drohen kommunale Demonstrations- und Leuchtturmprojekte zu scheitern – nicht aufgrund eines technologischen Versagens, sondern am vorzeitigen Verschwinden der Infrastruktur. Statt innovativer Vorbilder drohen Mahnmale mangelnder politischer Verlässlichkeit zu entstehen.

Förderung ohne Zuständigkeit?

Aktuelle Rückmeldungen aus verschiedenen Institutionen verschärfen die Kritik und offenbaren eine strukturelle Verantwortungslücke, die durch mehrere formelle Schreiben des Initiators nun adressiert wurde:

Die EU-Förderagentur CINEA bestätigte, dass Wasserstofftankstellen mit EU-Mitteln gefördert wurden, erklärte die Projekte jedoch für formal abgeschlossen. Mindestbetriebsdauern seien nicht vereinbart worden; ein Einfluss auf den Weiterbetrieb bestehe nicht mehr.

Auf ausdrücklichen Hinweis der CINEA wurde daraufhin die Generaldirektion Mobilität und Verkehr der Europäischen Kommission (DG MOVE) angeschrieben, um zu klären, wer auf europäischer Ebene die Umsetzung und Kohärenz der AFIR-Vorgaben überwacht, wenn geförderte Infrastruktur vorzeitig stillgelegt wird. Eine Antwort steht bislang aus.

Das Bundesministerium für Verkehr (BMV) teilte in einem formellen Bescheid mit, keine Informationen zu Förderbescheiden, Zweckbindungsfristen oder Projektunterlagen zu besitzen und sieht sich selbst nicht als zuständig. Auch hier wurde erneut nachgehakt, um die offensichtliche Diskrepanz zwischen nationalen Ausbauzielen, EU-Vorgaben und der praktischen Stilllegung bestehender Infrastruktur zu adressieren.

Der Betreiber H₂ Mobility Deutschland GmbH & Co. KG wurde mit der konkreten Forderung nach einem zeitlich befristeten Moratorium für die angekündigten Schließungen kontaktiert. Ziel ist es, Raum für Übergangslösungen, Betreiberwechsel oder politische Klärung zu schaffen. Eine Rückmeldung liegt bislang nicht vor.

Damit verschwindet öffentlich finanzierte Infrastruktur, ohne dass sich eine staatliche oder europäische Stelle verantwortlich zeigt.

EU-AFIR-Verordnung: Ausbau- und Schutzpflicht entlang des TEN-V-Kernnetzes

Die EU-AFIR-Verordnung (EU) 2023/1804 verpflichtet die Mitgliedstaaten ausdrücklich zum Aufbau, Erhalt und zur Sicherstellung der Verfügbarkeit öffentlich zugänglicher Wasserstofftankstellen entlang des TEN-V-Kernnetzes sowie in urbanen Knotenpunkten bis spätestens 2030. Ein erheblicher Teil der von Schließung betroffenen Standorte – etwa in Duisburg, Essen, Berlin, Ingolstadt, Limburg oder entlang der A2 – liegt direkt auf diesen Kernnetzachsen oder erfüllt dort zentrale Verteilfunktionen.

Ein vorzeitiger, ungeordneter Rückbau dieser öffentlich kofinanzierten Infrastruktur steht daher im direkten Widerspruch zu den Ausbauzielen der AFIR sowie dem Gebot des wirtschaftlichen und zweckentsprechenden Einsatzes öffentlicher Mittel. Aus Sinn und Ziel der AFIR-Verordnung folgt zudem, dass bereits errichtete, öffentlich kofinanzierte Infrastruktur nicht vorzeitig entwertet oder funktionslos gemacht werden darf. Förderung dient der Verstetigung von Infrastruktur, nicht deren vorzeitiger Stilllegung. Ohne tragfähige Übergangslösungen entsteht ein faktischer Wertverlust zulasten von Steuerzahlern, Kommunen und Nutzern, der bislang weder politisch eingeordnet noch kompensiert wird.

Insellösungen statt Netz?

Der Betreiber H₂ Mobility verweist auf einen künftig „bedarfsgerechten“ Ausbau. Kritiker sehen darin jedoch die Abkehr vom flächendeckenden Netz hin zu vereinzelten Insellösungen. Ein einmal demontiertes Netz lässt sich nicht kurzfristig wiederherstellen: Planung, Genehmigung und Bau neuer H₂-Stationen beanspruchen in der Regel mehrere Jahre.

Alternativen sind möglich

Dass es auch anders geht, zeigt das Beispiel Siegen, wo die CE-Station GmbH eine bereits aufgegebene Wasserstofftankstelle übernommen hat und den Betrieb fortführt. Die Petition fordert daher, Betreiberwechsel und Übergangslösungen auch für die aktuell bedrohten 14 Standorte ernsthaft zu prüfen.

Entsprechende Anfragen wurden unter anderem an die CE-Station GmbH sowie an die MorGen Mobility GmbH gerichtet, die am AUREA-Autohof (A2) eine neue Wasserstofftankstelle plant. Ziel ist es, Versorgungslücken zu vermeiden, bis neue Standorte betriebsbereit sind. Antworten stehen bislang aus.

„In Rheda-Wiedenbrück liegen auf wenigen Hundert Metern mehrere konventionelle Tankstellen – und dennoch gelingt es nicht, eine einzige H₂-Station in ganz Ostwestfalen-Lippe zu erhalten“, so Stuckstedte.

Industrie setzt weiter auf Technologievielfalt

Während Infrastruktur abgebaut wird, halten internationale Hersteller an der Brennstoffzellentechnologie fest. Selbst aus wasserstoffkritischen Medienberichten geht hervor, dass BMW gemeinsam mit Toyota weiterhin intensiv an Brennstoffzellenfahrzeugen arbeitet. BMW betont ausdrücklich, dass eine einzige Technologie nicht ausreichen werde, um weltweit klimaneutrale Mobilität zu ermöglichen.

Toyota hat zudem bereits die dritte Generation seiner Brennstoffzelle vorgestellt, die eine höhere Effizienz, kompaktere Bauweise und verbesserte Leistungsdaten aufweist – einsetzbar sowohl in Nutzfahrzeugen als auch in Pkw.

Forderungen der Petition

  1. Transparenz über Förderbedingungen und Zuständigkeiten
  2. Schutz für bereits errichtete, öffentlich geförderte Wasserstoffinfrastruktur vor vorzeitigem Rückbau und Wertverlust
  3. Übergangslösungen statt abruptem Rückbau (Moratorium)
  4. Kohärenz zwischen Infrastrukturpolitik, Nationaler Wasserstoffstrategie und EU-AFIR-Verordnung
  5. Planungssicherheit für Bürger, Kommunen und Unternehmen

„Technologievielfalt wird politisch propagiert – doch die Voraussetzungen dafür werden zeitgleich beseitigt“, resümiert Stuckstedte. „Der vorzeitige Rückbau öffentlich geförderter Infrastruktur ist kontraproduktiv und politisch widersprüchlich.“

Die Petition ist online abrufbar unter:

https://www.openpetition.de/zpwdl

Pressekontakt

Frank Stuckstedte
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Über die Petition

Die Petition „Stoppt den Rückbau der Wasserstofftankstellen – Erhalt der H₂-Infrastruktur in Deutschland“ wurde im Dezember 2025 von Frank Stuckstedte aus Rheda-Wiedenbrück initiiert. Anlass war die geplante Schließung der lokalen Wasserstofftankstelle, die erst 2019 mit rund 600.000 Euro an EU-Fördermitteln errichtet worden war.

Die Initiative richtet sich bundesweit gegen den vorzeitigen Rückbau von insgesamt 36 öffentlich geförderten Wasserstofftankstellen und fordert Transparenz über Förderauflagen, klare Zuständigkeiten sowie die Einhaltung der EU-AFIR-Verordnung. Die Petition findet Unterstützung aus Fachkreisen sowie bei kommunalen Akteuren, die bereits in wasserstoffbasierte Fahrzeugflotten investiert haben.